Manche Spinnen bauen Netze, andere lauern ihrem Opfer lieber auf und packen es mit den Klauen, wieder andere laufen ihm hinterher. Entgegen der verbreiteten Vorstellung, Spinnen könnten gefährlich sein, gibt es in der Schweiz keine Spinnenarten, die eine ernsthafte Bedrohung für den Menschen darstellen. Die meisten Spinnen verfügen zwar über Gift, das sie zur Lähmung ihrer Beute einsetzen, doch ist dieses für den Menschen in der Regel völlig harmlos.
Spinnen in der Schweiz
Spinnen gelten als Lästlinge und sind natürliche Schädlingsbekämpfer, die Insektenpopulationen regulieren und für eine intakte Biodiversität sorgen. Spinnen sind keine Insekten, wie oft fälschlicherweise angenommen wird, sondern gehören zur Klasse der Spinnentiere (Arachniden), wie beispielsweise Skorpione, Zecken oder Milben. Im Unterschied zu Insekten haben Spinnen wie alle anderen Spinnentiere einen zweiteiligen Körperbau, bestehend aus Vorder- und Hinterkörper und verfügen über acht Beine. Zudem haben Spinnentiere keine Fühler und Flügel, wie dies bei Insekten oft der Fall ist.
Die Schweiz beheimatet mit ihrem vielfältigen Klima in unterschiedlichen Lebensräumen eine erstaunliche Diversität an Spinnen. Tatsächlich sind in der Schweiz über 1.500 verschiedene Spinnenarten bekannt, die sich mit ihren jeweils spezifischen Verhaltensweisen bestens an die Umwelt hierzulande angepasst haben.
Ameisenspringspinne
Die Ameisenspringspinne (Myrmarachne formicaria) ein faszinierendes Beispiel für evolutionäre Anpassung und Mimikry in der Natur. Diese Spinnenart ist für ihre bemerkenswerte Fähigkeit bekannt, Ameisen in Aussehen und Verhalten nachzuahmen, eine Strategie, die als Bates'sche Mimikry bezeichnet wird. Diese Anpassung dient ihr nicht nur dem Schutz vor Fressfeinden, indem sie die Spinne für diese unattraktiv macht, sondern ermöglicht es ihr auch, sich unter ihre Beute zu mischen, ohne dabei erkannt zu werden. Die Ameisenspringspinne bevorzugt daher Lebensräume, die Ameisen beherbergen, da sie diese nicht nur imitiert, sondern sich auch von ihnen ernährt.
Der Name Myrmarachne formicaria leitet sich von den griechischen Wörtern für "Ameise" (myrmex) und "Spinne" (arachne) ab, was direkt auf die mimetischen Fähigkeiten dieser Spinnenart hinweist. Die Ameisenspringspinne hebt beim Laufen das erste Beinpaar an, ähnlich den Fühlern einer Ameise, und bewegt sich in einem "ameisenartigen" Laufstil mit kurzen Laufphasen und wellenartigen Bewegungen, als ob sie einer Pheromonspur einer Ameise folgen würde. Diese Verhaltensanpassung ist so überzeugend, dass sie sogar Raubtiere täuschen kann, die Ameisen meiden.
Ihre Fähigkeit, Ameisen so überzeugend nachzuahmen, dass sie sowohl als Schutzmechanismus gegen Raubtiere als auch als Taktik zur Beutejagd dient, macht sie zu einem einzigartigen Mitglied der Arachnidenwelt.
Obwohl die Ameisenspringspinne eine beeindruckende Jägerin ist, stellt sie keine Gefahr für den Menschen dar. Ihre Bisse sind für Menschen ungefährlich, und aufgrund ihrer geringen Grösse (Männchen: ca. 3 mm; Weibchen: ca. 4 mm) und ihrer spezialisierten Ernährung, die hauptsächlich aus anderen Gliederfüsser (Arthropoden) besteht, interagiert sie selten direkt mit Menschen.
Ammen-Dornfinger
Der Ammen-Dornfinger ist eine Spinnenart aus der Familie der Dornfingerspinnen (Cheiracanthiidae) und ist in Europa, einschliesslich der Schweiz, weit verbreitet. Der Ammen-Dornfinger bevorzugt warme, trockene und sonnige Gebiete mit ausreichender Vegetation, die ihm Versteckmöglichkeiten und Jagdgründe bietet. Sein Lebensraum umfasst typischerweise Wiesen, Waldränder, Hecken und andere offene Landschaften. Der Ammen-Dornfinger ist oft in der Nähe von menschlichen Siedlungen zu finden, was zu gelegentlichen Begegnungen mit Menschen führen kann.
Seinen Namen verdankt diese an sich scheue, vornehmlich nachtaktive Spinnenart vermutlich ihrem beschützenden Instinkt gegenüber ihrem Nachwuchs. Insbesondere im August, wenn es darum geht, die gelegten Eier zu verteidigen und die jungen Spinnen zu bewachen, kann der Ammen-Dornfinger unerwartet aggressiv werden und auch Menschen beissen.
Der Ammen-Dornfinger ist auch die einzige Spinne in der Schweiz, deren Kieferklauen stark genug sind, um die menschliche Haut zu durchdringen. Der Biss des Ammen-Dornfingers ist zwar berüchtigt und kann schmerzhaft sein, vergleichbar mit dem Schmerz eines Bienen- oder Wespenstiches. Der Biss des Ammen-Dornfingers verursacht lokale Symptome wie Schwellungen, Rötungen und in seltenen Fällen systemische Reaktionen, die jedoch für den Menschen ungefährlich sind. Die Symptome klingen in der Regel innerhalb weniger Tage ab. Personen, die besonders empfindlich auf Insektenstiche und -bisse reagieren, sollten jedoch Vorsicht walten lassen und gegebenenfalls medizinische Hilfe in Anspruch nehmen.
Gartenkreuzspinne
Die Gartenkreuzspinne (Araneus diadematus) zählt zu den bekanntesten und verbreitetsten Spinnen in Europa und der Schweiz. Sie ist ein Mitglied der Familie der echten Radnetzspinnen (Araneidae) und fühlt sich besonders in Gärten, an Hecken, in Wäldern, auf Wiesen und in Parks wohl, wo sie an sonnigen Orten mit viel Grün ihre eindrucksvollen Radnetze weben kann. Diese Netze werden meist in der Nacht oder den frühen Morgenstunden nahe blütenreichen Pflanzen gewoben und dienen nicht nur dem Fang von Insekten, ihrer Hauptnahrungsquelle, sondern auch als eine Art Kommunikationsmittel. Über die Vibrationen im Netz kann die Gartenkreuzspinne die gefangene Beute orten, sie dann schnell mit Seide umwickeln und festhalten.
Die Gartenkreuzspinne verdankt ihren Namen dem charakteristischen Kreuz auf dem Rücken, auch "Diadem" genannt. Es besteht aus weissen Flecken, die von weiteren kleineren Punkten umgeben sind und dieser Spinnenart ein unverwechselbares Aussehen verleihen.
Obwohl auch die Gartenkreuzspinne ihre Beute mit Gift lähmt, stellt sie für den Menschen keinerlei Gefahr dar. Bisse der Gartenkreuzspinne sind selten und verursachen höchstens leichte lokale Reaktionen wie Schwellungen oder Juckreiz, die normalerweise keine medizinische Behandlung benötigen.
Hauswinkelspinne
Die Hauswinkelspinne (Tegenaria domestica) gehört zu den grössten Spinnen, die man in europäischen, einschliesslich Schweizer Haushalten und Gebäuden antreffen kann
Der Name “Hauswinkelspinne” leitet sich von ihrer Vorliebe ab, sich in den Ecken und Winkeln von Bauwerken aufzuhalten. Besonders in dunklen, feuchten Orten wie Kellern, Dachböden oder Garagen fühlt sie sich wohl und sucht gerade im Herbst, wenn es kühler wird, auch in Wohnbereichen nach Schutz.
Ihre imposante Grösse, die langen Beine und das haarige Aussehen können bei einigen Menschen Unbehagen oder sogar Angst auslösen. Doch trotz ihres für manche vielleicht unangenehmen Äusseren spielen Hauswinkelspinnen eine wichtige Rolle im Haushalt, da sie sich von Insekten ernähren, die wir als Schädlinge betrachten, darunter Fliegen und Mücken. Zwar können auch Hauswinkelspinnen beissen, dennoch sind sie für Menschen weder giftig noch sonst wie gefährlich.
Kräuselspinne (Mauerspinne)
Die Kräuselspinne fasziniert Arachnologen durch ihre besonderen Eigenschaften und Verhaltensweisen, welche die Anpassungsfähigkeit und Vielfalt der Spinnenwelt aufzeigen. Diese Spinnen sind besonders wegen ihrer ausgeklügelten Webtechnik und ihrer geringen Grösse bekannt und sind oft in und an Gebäuden anzutreffen, wo sie ihre typischen Netze knüpfen.
Das bekannteste Mitglied aus der Familie der Kräuselspinnen ist die Mauerspinne (Dictyna civica), deren Netze an Gebäudefassaden dunkle Flecken hinterlassen und deshalb als einzige Spinnenart zum Schutz der Gebäudefassade wie ein Schädling bekämpft wird.
Der Name „Kräuselspinne“ bezieht sich auf die kammartigen Strukturen ihres vierten Beinpaares, die für diese Familie charakteristisch sind. Diese spezielle Anatomie ermöglicht es ihnen, die einzigartigen und komplexen Netze zu weben, die oft fächerförmig angelegt sind.
Die Netze der Kräuselspinnen nutzen oft natürliche Strukturen wie den Blattgrund oder den Zwischenraum zwischen kleinen Zweigen, die sie geschickt mit ihrer Spinnseide überziehen, um ihre Beute zu fangen. Einige Kräuselspinnenarten leben sogar in grossen Kolonien oder bilden soziale Gruppen, was ihr Verhalten besonders interessant macht.
Trotz ihres Giftes, das sie zur Lähmung ihrer Beute einsetzen, sind Bisse von Kräuselspinnen für Menschen völlig ungefährlich und haben in der Regel keine ernsthaften Auswirkungen.
Nosferatu-Spinne
Die Nosferatu-Spinne ist ein Beispiel dafür, wie Arten aufgrund von Umweltveränderungen und menschlichen Einflüssen neue Gebiete besiedeln können. Die Nosferatu-Spinne (Zoropsis spinimana) stammt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum, hat sich aber aufgrund des Klimawandels und menschlicher Aktivitäten in den letzten Jahrzehnten weiter nach Norden ausgebreitet. In der Schweiz findet man Nosferatu-Spinnen vorwiegend in warmen Regionen, wo sie in Häusern, aber auch in natürlichen Lebensräumen wie Wäldern und Buschland zu finden ist.
Die Bezeichnung "Nosferatu-Spinne" ist nicht offiziell wissenschaftlich anerkannt, sondern eher ein Spitzname, der sich aufgrund des etwas gruseligen Aussehens der Spinnenart und der Assoziation mit dem berühmten Vampir "Nosferatu" aus dem gleichnamigen Film (1922) verbreitet hat. Ihr wissenschaftlicher Name, Zoropsis spinimana, leitet sich hingegen von ihrer Zugehörigkeit zur Familie der Kräuseljagdspinnen (Zoropsidae) ab.
Eine der bemerkenswerten Eigenschaften der Nosferatu-Spinne ist ihre Grösse und das markante Muster auf ihrem Rücken, das sie von anderen heimischen Spinnenarten unterscheidet. Die Nosferatu-Spinne baut auch keine Netze zum Fang ihrer Beute, sondern jagt diese aktiv, was zu ihrer Ausbreitung in neue Jagdgebiete führt.
Obwohl die Nosferatu-Spinne ebenfalls Gift zur Lähmung ihrer Beute einsetzt, ist ihr Biss für den Menschen ungefährlich und führt in der Regel nur zu leichten lokalen Reaktionen wie Schwellungen oder Juckreiz, die ohne medizinische Behandlung von allein abklingen.
Veränderliche Krabbenspinne
Die Veränderliche Krabbenspinne (Misumena vatia) ist ein eindrucksvolles Beispiel für Anpassungsfähigkeit und Diversität in der Natur. Diese Spinnenart zeichnet sich durch ihre Vorliebe aus, sich gut getarnt auf blühenden Pflanzen niederzulassen. Veränderliche Krabbenspinnen sind Meisterinnen der Tarnung und können ihre Körperfärbung den Farben der Blüten und Pflanzen anpassen.
Den Namen ,Veränderliche Krabbenspinne’ leitet sich von ihrer aussergewöhnlichen Fähigkeit ab, die Farbe ihres Körpers aktiv zu verändern, um von ihren Angreifern noch ihren Opfern gesehen und entdeckt zu werden. Diese Fähigkeit zur Farbanpassung ist daher zugleich ein wirksames Jagdwerkzeug und ein Schutz vor Fressfeinden. Vor allem die Weibchen nutzen diese Fähigkeit, um unbemerkt auf Blüten zu sitzen und auf Insekten zu lauern.
Trotz ihrer beeindruckenden Tarnfähigkeiten und der damit verbundenen Effizienz in der Jagd stellt die Veränderliche Krabbenspinne keine Bedrohung für den Menschen dar. Ihr Biss kann zwar unangenehm sein, führt jedoch meistens nur zu harmlosen lokalen Reaktionen.
Wespenspinne
Die Wespenspinne (Argiope bruennichi), auch unter Namen wie Zebraspinne, Tigerspinne oder Seidenbandspinne bekannt, sticht durch ihre markante schwarz-gelbe Färbung hervor und gehört zur Familie der Echten Radnetzspinnen (Araneidae). Ursprünglich im Mittelmeerraum zu Hause, hat sie sich auch in der Schweiz und anderen Teilen Europas verbreitet, wo sie sonnige und offene hohe Graslandschaften und Wiesen bevorzugt, um ihre Netze zu spinnen.
Ihren Namen verdankt die Wespenspinne ihrer schwarz-gelb gestreiften Färbung, die an Wespen erinnert und als Warnsignal an Fressfeinde dient, dass sie potenziell gefährlich ist.
Eine besondere Eigenschaft der Wespenspinne ist ihr charakteristisches Radnetz mit einem auffälligen und dichten Zickzackgeflecht ober- und unterhalb der Netzmitte, das als Stabilimentum (oder Stabiliment) bezeichnet wird und in dem die Spinne auf ihre Beute wartet. Es wird angenommen, dass dieses Muster verschiedene Funktionen hat, darunter die Anziehung von Beute oder die Abschreckung von Fressfeinden.
Obwohl ihr Biss schmerzhaft sein kann und auch die Wespenspinne Gift zur Lähmung ihrer Beute einsetzt, ist sie für den Menschen ungefährlich. Die Symptome eines Bisses sind in der Regel mild und beschränken sich auf lokale Schmerzen und Schwellungen, die ohne medizinische Behandlung abklingen.
Wolfsspinne
Wolfsspinnen (Lycosidae) bilden eine Familie innerhalb der Ordnung der Webspinnen, die für ihre Jagdfähigkeiten und ihre ausgezeichnete Sehkraft bekannt sind. Wolfsspinnen sind auf der ganzen Welt in Wäldern, Graslandschaften und Gärten anzutreffen. Sie bevorzugen offene und halb offene Gebiete, wo sie genügend Deckung und Jagdmöglichkeiten finden.
Ihren Namen "Wolfsspinne" leitet sich auch von ihrem Jagdverhalten ab, das dem von Wölfen ähnelt. Dank ihrer hervorragenden Sehkraft und ihren kräftigen Laufbeinen sind Wolfsspinnen sehr effektive Jäger. Ihre gut ausgebildeten Augen verfügen Wolfsspinnen über ein breites Sichtfeld, das sie Bewegungen genau verfolgen lässt und diese Jagd auf Sicht ermöglicht. Nachts verlassen die Wolfsspinnen ihr Versteck und jagen und überwältigen ihre Beute aktiv auf dem Boden, anstatt Netze zu bauen.
Die Brutfürsorge der Wolfsspinnen ist ebenso bemerkenswert. Wolfsspinnen tragen ihren Eikokon stets bei sich, um den Nachwuchs optimal vor potenziellen Gefahren zu schützen. Sie unterstützen auch die kleinen Spinnen aktiv beim Schlüpfen, indem sie den Kokon vorsichtig öffnen. Unmittelbar nach dem Schlüpfen erklimmen bis zu hundert Jungspinnen den Rücken ihrer Mutter.
Während dieser Phase der Fürsorge verzichtet die Mutter auf die Jagd, um Risiken zu minimieren und den Nachwuchs zu schützen.
Obwohl Wolfsspinnen Giftklauen haben, um ihre Beute zu lähmen, sind sie für den Menschen nicht gefährlich. Bisse von Wolfsspinnen sind selten und verursachen in der Regel nur geringfügige Symptome wie leichte Schmerzen oder Schwellungen, die ohne medizinische Behandlung abklingen.
Zitterspinne
Zitterspinnen (Pholcidae) sind in Mitteleuropa fast ausschliesslich in Gebäuden und in geringer Höhe anzutreffen, wie beispielsweise in Kellern. Sie können jedoch auch in anderen Bereichen von Häusern und Wohnungen gefunden werden, wie in Winkeln von Badezimmern und anderen Räumen.
Der Name „Zitterspinne“ stammt von ihrem charakteristischen Abwehrverhalten: Bei Gefahr oder zur Tarnung beginnen sie, sich und damit ihr Netz in Schwingung zu versetzen. Dadurch verschwimmt ihr Körper vor dem Hintergrund, und sie werden für Angreifer und Beute nahezu unsichtbar.
Eine Besonderheit der Zitterspinnen ist ihre Fähigkeit, Beute auch in den Netzen anderer Spinnen zu fangen. Sie können blitzschnell zu einem Beutetier schiessen und es mithilfe ihrer langen Hinterbeine einwickeln, indem sie Fäden aus den Spinnwarzen herausziehen und diese über die Beute werfen. Zitterspinnen sind auch dafür bekannt, in Netze anderer Spinnen einzudringen, um die Bewohnerin zu töten.
Obwohl Zitterspinnen wie alle Spinnen über Gift verfügen, das sie zur Lähmung ihrer Beute einsetzen, sind ihre Bisse für Menschen harmlos und führen in der Regel zu keinen ernsthaften Gesundheitsproblemen.